OpenAI hebt mit der Einführung der Agentenfunktionen für ChatGPT den KI-Chatbot auf ein neues Level – zumindest außerhalb der EU. Bisher war ChatGPT ein Dialogwerkzeug, das Anfragen entgegennimmt und darauf antwortet. Mit der jüngsten Erweiterung verwandelt sich der Bot in einen echten Agenten: Er kann jetzt nicht mehr nur recherchieren oder Text verarbeiten, sondern auf dem eigenen Rechner komplexe Aufgaben ausführen und dabei sogar auf lokale Dateien zugreifen. Für dich als Tech-Enthusiast klingt das wie Zukunft, doch es lohnt ein genauerer Blick.
Was ändert sich konkret?
Du kannst den Bot beispielsweise damit beauftragen, deine Kundentermine aus lokalen Kalenderdateien zusammenzustellen, die Zutaten für ein Frühstück zu planen – inklusive Einkaufsliste – oder eine Wettbewerbsanalyse auf Basis eigener Firmendaten zu erstellen und diese in einer ansprechenden Präsentation aufzubereiten. ChatGPT basiert dabei nicht mehr ausschließlich auf Webinformationen, sondern integriert innovative Tools wie den „OpenAI Operator“ (zur Interaktion mit Webseiten), ein Deep-Research-Tool, einen textbasierten Browser, ein Terminal sowie API-Konnektoren für weitere externe Dienste.

Technisch bedeutsam: Der Agent läuft isoliert in einer eigenen virtuellen Maschine. Das soll den Kontext deiner Aufgaben besser erhalten und ChatGPT ermöglichen, elegant zwischen Analyse und Aktion zu wechseln – statt bloß Ergebnisse statisch auszuspucken.
Kritik: Sicherheit bleibt Achillesferse
OpenAI betont, dass Benutzer erstmals den Chatbot anweisen können, „Aktionen im Web durchzuführen“. Gleichzeitig warnt das Unternehmen vor erheblichen Risiken. So birgt der nun mögliche Zugriff auf lokale Dateien ernsthafte Datenschutzgefahren. Agentensysteme verarbeiten deutlich größere Datenmengen als Standard-Chatbots und benötigen dafür breitere Zugriffsrechte. Prompt-Injection-Angriffe – also das Einschleusen schädlicher Kommandos – stellen weiterhin ein Problem dar, selbst wenn laut eigenen Angaben bereits 99,5 Prozent solcher Versuche geblockt wurden. Besonders heikel: Obwohl kritische Aktionen wie Banküberweisungen geblockt werden, könnten weniger sensible, aber dennoch relevante Daten „versehentlich“ freigesetzt werden, etwa beim Versand von E-Mails1.
EU bleibt außen vor
Wer in der Europäischen Union lebt, schaut zunächst erneut in die Röhre: Das Feature ist ab sofort nur mit einem Pro-, Plus- oder Team-Abo außerhalb der EU verfügbar. Mit Education- und Enterprise-Zugängen soll der Zugang bald folgen. Die Gründe dafür dürften vor allem im strengeren europäischen Datenschutz liegen.
Mein Fazit: So unberechenbar wie unabwendbar
ChatGPT als aktiver Agent ist ein logischer Schritt – technisch faszinierend, aber gesellschaftlich und regulatorisch noch lange nicht ausgereift. Du solltest diesen Fortschritt kritisch begleiten, denn wo die Möglichkeiten wachsen, tun es auch die Risiken. Wer den Schritt wagt, muss sich über mögliche Konsequenzen beim Datenzugriff und der Automatisierung sensibler Abläufe im Klaren sein. OpenAI stapelt hoch – und läuft Gefahr, beim Thema Sicherheit hinter den eigenen Ansprüchen hinterherzuhinken.





